Hat sie nicht wunderschöne Beine?
OK, sie ist etwas schwergewichtig, hat ein Glasauge, ist aber immer objektiv, witzelt Henning Marx, als er seinen Schatz liebevoll aufs Stativ
hievt.
TPR: Wie hat sich die Leidenschaft zum Film entwickelt?
HM: Angefangen hat diese Freundschaft ca. 1960. Die Rollfilmkamera, die damals in meiner Kinderzeit unter dem Weihnachtsbaum lag, hat in
mir eine langanhaltende Leidenschaft entwickelt. Über die Liebe zur Fotografie und späteren Super8-Versuchen kam ich 1980 zum Videofilm.
Die Kameras wurden leichter und für den Privatanwender bezahlbar. Ich führte die filmischen Erfahrungen, die ich mit der Super8-Kamera
meines Vaters sammeln durfte, nun mit elektronischen Kameras fort. Die Handhabung ist sicherlich in vielerlei Hinsicht anders, doch
Filmstreifen oder Videokassette sind immer nur die medialen Transportmittel für eine visuelle Idee.
TPR: Woher hast du die theoretischen Grundlagen?
HM: Schon als Kind, als ich mich intensiv mit der Stillfotografie beschäftigt habe, habe ich angefangen, mit dem Medium zu experimentieren;
ungewöhnliche Kamerastandpunkte auszuprobieren, ungewöhnliche Lichtsituationen und Menschen von überraschender Seite zu zeigen. Die
Zustimmung im Freundeskreis haben mich bestärkt mit diesem Hobby fortzufahren. Natürlich habe ich mich dann später gefragt, weshalb das
eine Foto die Gefühle des Betrachters erreicht, das andere nicht. Die theoretischen Grundlagen habe ich mir dann aus Büchern,
Fachzeitschriften und letztendlich im Netz angeeignet.
TPR: Hast du anschließend deine Leidenschaft zum Beruf gemacht?
HM: Nein, nicht sofort. Nach meinem Elektrotechnik-Studium habe ich für einige große Computerfirmen gearbeitet. Nebenberuflich habe ich
mit zwei Freunden meine eigene Videoproduktionsfirma gegründet. Wir haben uns auf Werbefilme, Videoclips, Imagefilme für Firmen und
Dokumentarfilme konzentriert. Während dieser Zeit habe ich die ersten Kontakte zu Fernsehsendern aufgebaut, habe mir die Arbeitsweise der
News-Reporter, Dokumentarfilmer und der Feature-Produzenten intensiv angesehen und diese Erfahrung in meine eigenen Filme mit
eingebaut. Mit jedem neuen Film versuche ich, meine eigenen Erfahrungen ein wenig zu erweitern. Und unsere Kunden honorieren das.
TPR: Und das funktionierte nebenberuflich?
HM: Nein,unser Kundenstamm wuchs stetig und das Arbeitsaufkommen auch. Tagsüber war ich bei dieser Computerfirma beschäftigt und
nachts in meiner Videoproduktionsfirma. Ich hatte kaum noch Zeit für mich und meine Familie. Nach zwei Jahren musste ich mich für eine
Seite entscheiden. Ich gab die Videoproduktionsfirma zunächst auf. Dann die Überraschung - im Jahr 2001 schloss meine Computerfirma mit
2000 Mitarbeitern, bei der auch ich als Regionalleiter angestellt war, für immer ihre Pforten.
TPR: Der Einstieg zum Abstieg?
HM: Nein, das war der endgültige Startschuss für mich, erneut eine eigene Videoproduktionsfirma zu gründen. Mit den Erfahrungen der ersten
Firmengründung und einem verlässlichen Partner habe ich 2001 die Firma „medija Medienproduktion GmbH“ gegründet. Wir konzentrierten
uns auf Dokumentationen, Reiseberichte und TV-Feature, Unsere Zielgruppe war das Fernsehen, Werbeagenturen für Kino und TV, aber auch
auf größere Firmen. Und wir waren sehr erfolgreich damit. Bis zum Schluss.
TPR: Bis zum Schluss?
HM: Ja, durch unterschiedliche Betrachtungsweisen der Produktionen und Firmenlenkung, haben wir die Firma in Freundschaft 2004 liquidiert.
Leider erfolgreich liquidiert.
TPR: Und dann? Irgendwie muss ja auch der Brotkorb gefüllt werden.
HM: Ja. Es ergab sich für mich, dass zu diesem Zeitpunkt eine Produktionsfirma in Heide einen Kameramann suchte. Ich bewarb mich und
drehte für diese Firma ca. 150 Imagefilme. Bundesweit. Für das NDR-Nordmagazin habe ich anschließend über eine Agentur einige Beiträge
recherchiert, abgedreht und beigesteuert.
TPR: Damit ist der Kreis aber noch nicht geschlossen, oder?
HM: Nein, 2007 rief mich ein reiselustiger Bekannter, für den ich vor Jahren einen Dokumentarbeitrag in Thailand abgedreht habe, an und
buchte mich mit ihm in Texas einen Spielfilm zu drehen. Das war Neuland für mich, aber ich war spontan begeistert.
TPR: Von Null auf hundert ins kalte Wasser?
HM: Nein, so kalt war das Wasser gar nicht. Ich hatte die USA vorab schon einige Male besucht. Als Tourist. Ich kannte die Seelen der
Menschen in den unterschiedlichen Staaten. Und ich war immer wieder begeistert von deren lockeren Lebensstil. Doch in Texas zu arbeiten,
mit kreativen Menschen zu arbeiten, war für mich eine ganz neue Erfahrung. Die technische Anforderung, die personelle Koordination, das
Doing am Set. Das Auflösen der Szene, die Kameraführung, der Ton. Ja, ich habe einige Erfahrungen mitnehmen dürfen. Und davon zehre ich
bis heute.
TPRN: Na, und heute?
HM: Mein großes Idol ist Clint Eastwood, der mit seinen 95 Jahren noch vor und hinter der Kamera steht. Sein Lebensmotto ist: „Don't let the
old man in”. Ja, man kann viel von diesem alten Haudegen lernen, aber aufgeben ist keine Option, sagt er. 2022 war ich auf seiner Ranch in
Carmel-by-the-Sea in Californien, einem mächtigen Anwesen. Ich war ihm also sehr nahe, werde ihn aber nie erreichen. Dennoch bin ich offen
für neue Herausforderungen. Im In- und Ausland.
TPR: Danke für die offenen Worte